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Buchrezension 'Spinner' von Benedikt Wells

Aktualisiert: 11. Dez. 2020

"Gustav hatte natürlich recht. Und mir war auch klar, dass die Leute jemanden wie mich für einen Spinner hielten, weil ich noch immer an meine Träume glaubte. Aber lustig fand ich's irgendwie trotzdem. Ich lachte nämlich oft, auch wenn es in meiner Situation eigentlich nichts zu lachen gab. Manche fanden das seltsam, aber dafür wusste ich, wie man überlebte." (Benedikt Wells: Spinner. Zürich 2009, S. 18).


Benedikt Wells findet in seinem Roman 'Spinner' klare Worte. Nicht gerade sanft wird man in die zerwühlte Realität des zwanzigjährigen Jesper Lier geworfen, der, sich aufbäumend gegen alle Meinungen seiner Freunde und Familie, noch an den großen Durchbruch als Schriftsteller glaubt. Sein Manuskript, an dem er seit zwei Jahren arbeitet, hält er selbst für ein absolutes Meisterwerk. Sein Mentor Born ist die einzige Person seines Umfeldes, neben Jesper, die felsenfest von seiner Karriere überzeugt ist. Borns Tod wirft ihn schließlich aus der Bahn, in die er sich Schritt für Schritt zurück kämpfen muss. Wells gelingt es dabei ein neues Licht auf die Orientierungslosigkeit einer Generation zu werfen, die für ihren Erfolg und ihr sich-immer-schneller-drehen berüchtigt sein soll.


"Einsamkeit ist die Hölle"(Benedikt Wells: Spinner. Zürich 2009, S. 129) konstatiert Jesper, als er von Borns Tod erfährt. Kaum aktueller erscheint irgendeine Aussage als diese in einem Jahr, in dem wir noch nie einsamer waren, als genau jetzt. In den Blickpunkt genommen werden einige große Themen: Freundschaft, die nicht immer alles durchsteht, unerwiderte Liebe, die nicht immer Hollywoodcharakter trägt und Verluste im eigenen Familienkreis, die so schwerwiegende psychische Folgen erzeugen können, dass das Weiterleben für immer davon gekennzeichnet sein wird. Im Falle Jesper ist es der Suizid seines Vaters, der zum einen eine rapide Distanzierung zu seiner Familie erzeugte und zum anderen durch fehlende Auseinandersetzung und Aufarbeitung ihn selbst an einer Depression erkranken ließ. Das Krankheitsbild sowie die Ursachen bleiben für den Leser lange ungeklärt. Benedikt Wells gelingt es alle Handlungspunkte zu einem abschließenden Bild einer Figur zu verbinden, in dem sich so viele Schwierigkeiten und Tabuthemen unserer Gesellschaft spiegeln.


Es gibt kein kitschiges, überzogenes Happy-End, bei dem sich alle Beteiligten lachend und küssend in den Armen liegen, romantische Musik ertönt und die Welt wieder in Ordnung ist. Es ist richtig dieses Buch so enden zu lassen. Das ist es, was seine Authentizität ausmacht. Die Akzeptanz der Situation und die kleinen Schritte vorwärts in deine Richtung, die schier unmöglich erschien und vielleicht noch nicht alle Lösungen bereit hält:


"Ich habe mich immer gefragt, ob mein Glück irgendwo da draußen, hinter den Toren dieser Stadt auf mich warten würde. Nun fuhr ich entweder darauf zu, oder ich ließ es hier zurück." (Benedikt Wells: Spinner. Zürich 2009, S. 324)



Quelle: Benedikt Wells: Spinner. Zürich 2009.

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